St. Nikolaus, Hawking, Picasso und der Nationalismus
6. Dezember 2024
Das Scheitern der großen Umweltkonferenzen dieses Jahres – Plastik, Klima, Artenschutz! – zeigt: Die oft bemühte „internationale Gemeinschaft“ steckt in einer Existenzkrise. Man hält sich wieder an das vorgebliche „nationale Interesse“. Egozentrik – „Raus aus der EU!“ – ist das Mantra des Rechts- und Linkspopulismus. Und diese Botschaft findet leider Zustimmung. Man träumt davon, „ganz unter sich“ zu sein und hofft, dann weniger Probleme und mehr Sicherheit zu haben.
Mir fällt auf, welchen Bruch mit unseren kulturellen Traditionen die politische Rechte da gerade inszenieren möchte: Alles, was uns hier im angeblich durch Globalisierung und Vermischung „bedrohten Abendland“ seit Jahrtausenden prägt, ist nämlich reichlich international und rasant gemischt: Es gibt weder eine nationale Kunst (Was wären wir ohne Michelangelo und Picasso, ohne Shakespeare und Dante, ohne Verdi und Tschaikowsky?), noch eine nationale Philosophie (Wer kommt ohne Aristoteles, Montesquieu oder Voltaire aus?) oder eine nationale Naturwissenschaft (Kann man auf Kopernikus, Galilei, Darwin, Curie, Hawking verzichten?).
Und wer auch noch die religiösen Traditionen mitnehmen möchte, dem dürfte klar sein, dass sich hier eine bunte Mischung der Herkünfte darbietet: St. Nikolaus kommt aus der Türkei. Elisabeth von Thüringen ist eine Ungarin. Franziskus ist ein Italiener mit französischer Mutter. Und die Autoren der Evangelien waren auch keine Deutschen oder Österreicher.
Die Rechten haben schlicht nicht recht. Unsere Kultur ist das Ergebnis von Offenheit, Austausch und Kooperation. Menschen können und müssen bei aller Diversität das Gemeinsame entdecken und sich in Kooperation an die Lösung der großen Probleme machen. Das Konzept des nationalen Egoismus ist vielfach und in aller Regel grauenhaft gescheitert. Die Menschheit wird überleben – wenn sie kooperiert.