„Im Umgang mit Duft umdenken!“
14. Oktober 2024
Schmerzen, Krämpfe, Übelkeit, Schwäche- und Erschöpfungszustände, starke Müdigkeit, aber auch Schlaflosigkeit – die Symptome waren vielfältig, die Ursachen rätselhaft. Bis der Betroffenen in der Corona-Pandemie klar wurde, worunter sie litt: Sie verträgt keine künstlichen Duftstoffe! Darüber schrieb sie sofort ein Buch.
Interview mit Daniela Arbter-Öttl
ÖkologiePolitik: Frau Arbter-Öttl, wie kamen Sie darauf, dass Sie allergisch gegen künstliche Duftstoffe sind? Und nicht gegen etwas anderes?
Daniela Arbter-Öttl: Ich bin nicht allergisch auf Duftstoffe, auch wenn meine Symptome denen einer Allergie in manchem ähneln. Es gibt zum einen Duftstoffallergien, bei denen durch Kontakt entsprechende Hautreaktionen auftreten. Und zum anderen Duftstoffunverträglichkeiten, bei denen eingeatmete Duftstoffe Symptome verursachen. Betroffen davon sind besonders Patientengruppen wie Menschen mit Migräne, Asthma oder Autismus. In meinem Fall stellte es sich eines Tages heraus, dass ich an einer schwerwiegenden Form der Duftstoffunverträglichkeit leide: an der Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS). Das ist eine wenig bekannte chronische Multisystemerkrankung, der in der Regel eine Entgiftungsschwäche zugrunde liegt. Es entwickelt sich eine Überempfindlichkeit insbesondere gegenüber Umweltschadstoffen und chemischen Substanzen. Bereits geringste Spuren, z. B. von luftgetragenen Duftstoffen, können vielfältige Symptome auslösen. Viele bringen so etwas Selbstverständliches wie Duftstoffe in der Luft, in Wasch- und Spülmitteln, in der Kosmetik, in Reinigungsmitteln und in Haushaltswaren nicht mit ihren Gesundheitsproblemen in Verbindung.
Auch ich wusste lange Zeit nicht, warum es mir dauerhaft schlecht ging, hatte nur die Ahnung, dass synthetische Duftstoffe in der Luft mir dieses Übel bereiten. Die Ahnung hatte ich deshalb, weil ich bei Expositionen mit Duftstoffen sofort bemerkbare intensive Reaktionen habe. Aber woher das Dauerhafte kam, das konnte ich lange Zeit nicht zuordnen. Erst als dann „Corona“ kam, ich im Homeoffice arbeitete, weniger persönlichen Kontakt mit Menschen hatte und deshalb auch weniger Duftstoffauslösern ausgesetzt war, lernte ich zu differenzieren. Ich konnte nun immer mehr Auslöser und Reaktionen als steten Ablauf einander zuordnen – weil die Expositionen viel seltener waren und es Pausen dazwischen gab. Das war eben vorher nicht der Fall, da im „normalen“ Leben überall Duftstoffe sind und damit überall und dauernd Auslöser lauern. Und zwar in einem immensen Umfang an in der Luft schwebenden unsichtbaren flüchtigen Chemikalien, welche mit dem positiv besetzten Gewand „Duft“ verkleidet sind, deren Toxine aber in die Atemwege gelangen.
Allmählich bemerkte ich sogar, dass minimale Expositionen, die z. B. im Kontakt mit einem Menschen über die Luftübertragung erfolgen, Reaktionen auslösen. Mögliche Trigger können hier verwendetes Parfüm, Pflegeprodukte oder einfach die handelsübliche Seife sein. Das führt bei mir zu Symptomen, die dann meist nach ein paar Stunden wieder verschwinden. Es gibt aber auch Expositionen, die länger anhalten und mich entsprechend belasten. Bei einem Zuzug bei mir im Haus stellte ich fest, dass, wenn diese Person ihre frisch gewaschene Kleidung im Hauskeller zum Trocknen aufgehängt und duftstoffhaltige Waschmittel und Weichspüler benutzt hatte, sich meine Reaktionen sogar verstärkt haben und es zu einer kontinuierlichen Zustandsverschlechterung gekommen ist. Warum? Die Duftstoffbelastung dauerte an, die Exposition erfolgte über einen Zeitraum kontinuierlich – und damit kam es zu andauernden Reaktionen.
Durch die Kontaktbeschränkungen während „Corona“ wurde mir bewusst, welch große gesundheitliche Auswirkungen dauerhafte Expositionen von intensiven, allergieauslösenden Chemikalien, z. B. auf der Kleidung, der Bettwäsche oder dem Geschirr, haben können, wenn schon eine seltenere minimale Exposition, ausgehend z. B. von einem Schwamm mit einem Tropfen Spülmittel, den frisch gewaschenen oder gefärbten Haaren oder den desinfizierten und eingecremten Händen meines Gegenübers, stundenlange gesundheitliche Probleme mit sich bringt! Das hat mir vieles erklärt – und könnte auch erklären, warum sich so viele Menschen mit chronischen Symptomen „unerklärlichen“ Ursprungs plagen.
Welche Symptome treten bei Ihnen auf?
Zuerst treten Spontanreaktionen auf, ein bisschen unterschiedlich – je nach der Zusammensetzung an Chemikalien, die in dem auslösenden Produkt stecken. Die Symptome sind multipel, jede Zelle und jeden Nerv des Körpers betreffend, und treten in Sekundenschnelle auf: Enge in den Bronchien und schweres Atmen; eine sofortige Schwäche in Muskulatur und Knochen; Übelkeit; Kreislaufprobleme; Gefühl der Unterzuckerung; Stechen im Kopf und an verschiedensten Körperstellen; Schweißausbrüche und Herzrasen; eiskalte Hände und Füße; Anschwellen der Hände; Piksen, Brummen und Dröhnen im Ohr; verschwommenes Sehen; Blitze sehen; Zuschwellen der Nase; Gesichtsröte; mangelnde Orientierung; Unmöglichkeit, Gesprächen zu folgen, und, und, und. Hinzu kommen Angst, Beklemmungsgefühle und auch Wut.
Selbst wenn ich die Exposition schleunigst verlassen konnte, bleiben die Symptome, manchmal für ein paar Stunden, manchmal über Tage – je nachdem, wie lange und wie intensiv die auslösenden Chemikalien waren. Oft falle ich hinterher in einen narkoseähnlichen Schlaf und wache mit entzündeten, vereiterten Augen auf, fühle mich sehr müde und habe eine geschwächte Muskulatur.
Kommt eine neuerliche Exposition auf den geschwächten Zustand obendrauf, kommt es zu abermaligen Reaktionen und in der Folge zu einer Verschlechterung meines Zustands. Wenn – was noch schlimmer ist – die Expositionen nicht aufhören und ich der Situation nicht entrinnen kann, z. B. bei dauerhafter Beduftung in einem Mehrfamilienhaus durch die Nachbarn, ausgehend von Waschmittel, Deos, Haarspray, Shampoo, Lotionen, Sonnencreme, Mückenspiralen, Duftsteckern, Parfüm, Haarfärbemitteln etc., dann wird es extrem: Es folgen schwere Erschöpfungs- und Schwächezustände, starke Müdigkeit (Fatigue) mit teilweise komatösem Schlaf, meist aber Schlaflosigkeit mit starken Unruhezuständen, dumpfer Gehirnnebel (Brainfog), mangelnde Denkfähigkeit, starke Schmerzen im Nacken mit Verkrampfungen, Erbrechen, Schmerzen im Kopf, den Hüften, den Beinen, den Gelenken und den Organen, Betäubungsgefühle, Berührungsempfindlichkeit, Gehirn und Körper kribbeln und brennen, fühlen sich an wie abgebunden und elektrisiert, ein ständiges Klackern und Dröhnen im Ohr, Hörsturz, Unruhezustände und zappelnde Beine, Atemnot und Beklemmungsgefühle, sehr starker Schwindel, ein flacher Herzschlag und dann wieder Herzrasen und, und, und. Begleitet ist dies von intensiven Existenzängsten, weil Arbeiten nicht möglich ist, und dem verzweifelten Gefühl, von der Außenwelt ausgegrenzt zu sein und keinen Ausweg zu kennen.
Seit ich jedoch auf Kontakte mit Menschen, die Duftstoffe verwenden, verzichte und es mir zudem gelungen ist, mir einen duftstofffreien Haushalt zu schaffen, bin ich weitgehend symptomfrei.
Kennen Sie noch andere Betroffene?
Ja, ich kenne etliche Betroffene, mit denen ich über Facebook- und Selbsthilfegruppen vernetzt bin. Tatsächlich sind es aber sehr viele mehr. Leider ist die Lage in Deutschland hinsichtlich der Zahl an MCS-Betroffenen unklar, da hierzulande die Krankheit selten diagnostiziert wird. Man spricht jedoch von etwa 6 % der Bevölkerung, die stark unter dieser Form der Chemikalienunverträglichkeit leiden. In den USA geht man sogar von mehr als 10 % Betroffenen aus. Eine internationale Studie ermittelte einen durchschnittlichen Bevölkerungsanteil von 7,4 % MCS-Patienten.
Bezogen auf allgemeine gesundheitliche Probleme mit Duftstoffen gibt es schon konkrete Zahlen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 von Steinemann und Klaschka bringt jeder Fünfte in Deutschland gesundheitliche Probleme mit Duftstoffen in Verbindung. International klagt sogar jeder Dritte darüber. Ich gehe davon aus, dass es Tausende Menschen gibt, die ihre Symptome noch gar nicht den Duftstoffen als Auslöser zuordnen konnten. Warum? Sie konnten es bisher nicht konkret herausfinden, weil Duftstoffe fast überall in der Luft schweben, was die Abgrenzung zu einzelnen Expositionen und das Zurückführen der Reaktionen darauf schwierig macht.
Und wen gibt es noch? Ich weiß von sehr vielen Menschen, die zwar keine schweren gesundheitlichen Probleme haben, sich aber sehr an dem übertriebenen Ausmaß an Duftexpositionen an ihren Arbeitsstellen, bei Behörden, in Arztpraxen, in Gaststätten, in Konzerthäusern und in Sportstätten, ja sogar denen, die aus Häusern und Autos strömen, mächtig stören. Sie empfinden das Ausmaß an Chemikaliendüften allerorten als Geruchsbelästigung. Auch haben sie keine Lust mehr auf den üblen seifigen Geschmack im Mund oder darauf, dass ihr Körper und die Kleidung Gerüche annehmen, sobald sie sich in fremden Räumen aufgehalten oder sich mit bedufteten Menschen unterhalten haben. Sie möchten frische Luft atmen und den Duft der Rosen wahrnehmen – und nicht überall künstlichen Duft!
Haben die andere Betroffenen die gleichen Symptome wie Sie?
Im Grunde sind deren Symptome den meinen ähnlich. Doch es gibt auch Verschiebungen in den Reaktionen, insbesondere dann, wenn zusätzliche Erkrankungen vorliegen. Auch sind die Auslöser nicht immer gleich. Menschen mit MCS reagieren zusätzlich zu den synthetischen Duftstoffen zum Beispiel auf Treibgase, Phthalate, Farbstoffe und Konservierungsstoffe, Spritzmittel, Rauch und Abgase. Viele reizüberflutete Menschen bekommen inzwischen aber auch Symptome im Zusammenhang mit Gerüchen von natürlichen Stoffen, manche sogar beim Duschen mit schwermetallbelastetem Wasser.
Der Leidensdruck dieser Menschen ist immens: Nicht nur, dass sie keinen Kontakt zu Menschen halten können, die Chemikalien an ihrem Körper, ihrer Kleidung oder in der Wohnung haben – was ja zudem Besuche ausschließt und Beziehungen zu Freunden, Partnern und Kindern belastet oder sogar zerstört –, diese Menschen können nicht unter Menschen arbeiten, sprich kein Geld verdienen, und sie rätseln unentwegt, wohin sie nur flüchten, wo sie nur wohnen und leben könnten, ohne diesem Leiden durch Duftstoffe ausgesetzt zu sein. Einige Betroffene, die ich kenne, quälen sich unter dem Duft weiter und weiter, weil es für sie keinen Ausweg gibt – andere wiederum haben längst ihr Auto als Wohnraum gewählt. Manche geben auf.
Im August 2024 startete eine internationale Studie, die sich dem Leidensdruck duftstoffsensibler Menschen widmet. Die anonyme Online-Umfrage steht in fünf Sprachen und für sechs Monate zur Verfügung und wird von Prof. Dr. Ursula Klaschka von der Technischen Hochschule Ulm umgesetzt. Darüber bin ich froh, denn so findet die Thematik hoffentlich zunehmend Gehör.
Was sagt die Medizin dazu? Wie ist der Stand der Wissenschaft?
Bezüglich der allgemeinen Duftstoffproblematik gibt es seit Jahren viele warnende Stimmen, z. B. von Toxikologen, seitens des Umweltbundesamtes oder des Deutschen Allergie- und Asthmabundes. Einige erfahrene Mediziner warnen ganz klar vor den gesundheitlichen Risiken und betonen die Erfordernis insbesondere duftstofffreier Arztpraxen und Kliniken. Auch der Zellbiologe und Geruchsforscher Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt riet in einem Interview zur Vorsicht im Umgang mit künstlichen Duftstoffen, da jeder eingeatmete Duft nach kurzer Zeit im Blut nachweisbar sei und sich im ganzen Körper ausbreite.
Doch leider wird die Problematik inhalativer Duftstoffunverträglichkeiten in der Medizin noch nicht flächendeckend wahrgenommen. So stellte ich selbst erst kürzlich in einer Praxis fest: Überall war Parfümduft von den Patienten zu vernehmen, selbst der Arzt hatte Deo aufgetragen, und seine Kleidung war unter anderem „mit Duft“ gewaschen. Oder in der Intensivstation am Sterbebett meines Vaters: Parfüm. Oder aber damals in der Gynäkologie des Krankenhauses: Parfüm – sogar bei den Wöchnerinnen und Neugeborenen, ausgehend vom medizinischen Personal. Jedes Mal, wenn ich die Fachleute anspreche, kommt diese Antwort in verschiedenen Wortlauten: „Das habe ich noch nie gehört. Da müssen Sie wohl etwas ganz Seltenes haben oder besonders empfindlich sein.“
Obwohl die Multiple Chemikaliensensitivität seit über 70 Jahren bekannt ist, fristet sie in Deutschland trotz zunehmender Studienerkenntnisse, von denen die internationale Literatur berichtet, immer noch ein „Mauerblümchen-Dasein“ in der Schulmedizin. Das heißt, es mangelt leider immer noch an Akzeptanz und Fachwissen im Hinblick auf diese umweltbedingte Erkrankung. Sogar das RKI wies 2020 darauf hin, dass in Deutschland eine medizinische Unter- und Fehlversorgung Umweltkranker vorliege, unter anderem, weil das im Medizinstudium erlangte Grundwissen im Bereich der Klinischen Umweltmedizin nicht ausreiche.
Das bestätigt meine Erfahrung, denn herausgefunden, dass ich auf flüchtige Chemikalien so stark reagiere, habe ich es schließlich selbst. Zuvor wurde ich von Facharzt zu Facharzt geschickt – und immer wieder Schulterzucken und Fragezeichen im Gesicht. Eine medizinische Einrichtung zu finden, wo man letztlich eine Diagnose erhalten kann, ist beinahe unmöglich. Mir wurde dann eines Tages gesagt: „Man weiß bis heute sehr wenig darüber, und entsprechend mau sieht es auch mit den Behandlungsmöglichkeiten aus. Wir können nur zusehen, die einzelnen Symptome medikamentös etwas lindern. Was aber in der Tat unumgänglich ist, ist es, die Auslöser zu vermeiden.“ Und genau darin liegt die Krux! Wie nur, wenn der intensive Gebrauch von Duftstoffen eine Art Normalität geworden ist und diese fast überall in der Luft liegen?
Es gibt einige Erklärungsansätze für die Unverträglichkeit von Duftstoffen: z. B. eine durchlässige Blut-Hirn-Schranke, eine Schwermetallüberlastung und ein Mangel an bestimmten Enzymen. Erfahrene Ärzte mit ergänzender Qualifizierung im Bereich der Klinischen Umweltmedizin haben entsprechende Kenntnisse. Aber solche Mediziner sind rar. Daher beschäftigen sich viele Betroffene selbst sehr stark mit der Thematik und erwerben eine hohe Patientenkompetenz, die jedoch von den Ärzten oft nicht ernst genommen wird. So bleibt den Betroffenen derzeit nichts anderes übrig, als unter den Duftstoffen ihrer Mitmenschen weiter zu leiden und den luftgetragenen Chemikalien zu entrinnen, wie auch immer es ihnen nur möglich ist.
Was haben Sie getan, um trotz Ihrer Sensitivität ein einigermaßen normales Leben führen zu können?
Nun, ich habe nie aufgegeben. Diese Option gab es für mich nicht, auch wenn ich durch sehr tiefe Täler gehen musste. Immer wieder habe ich mich in einigermaßen guten Phasen aufgerichtet und mir meine Vision vor Augen gehalten, es eines Tages erreicht zu haben, in einem komplett duftstofffreien Umfeld zu leben und zu arbeiten. Doch leider brauchte ich Geduld dazu, und ich musste noch lange Zeit Leiden in Kauf nehmen. Denn es ging nur nach und nach, eines nach dem anderen. Gleichzeitig ließ mich der Antrieb am Laufen, aus dieser Kraft heraus dann die Öffentlichkeit über die Problematik aufzuklären. Ich habe immer versucht, daran zu glauben, dies schaffen zu können.
Mein Dranbleiben hat sich für mich gelohnt. Zuerst hatte mich meine Mutter für längere Zeit in ihrem duftstofffreien Haus aufgenommen. Inzwischen aber lebe ich mit meinen Kindern in einem kleinen Haus, wo es keine Mitbewohner gibt und ich selbst entscheiden kann, wer zu mir hineinkommt und wer nicht. Auch kann ich heute meinen Lebensunterhalt im Homeoffice verdienen. All das ist nicht selbstverständlich, ich hatte großes Glück.
Zuvor hatte ich natürlich selbst all meine Kosmetikprodukte sowie Reinigungs- und Waschmittel auf „chemikalienfrei“ umgestellt. Alles, was jemals mit Duftstoffen in Berührung gekommen war, wurde peu à peu ausgetauscht. Da sich in den Produkten leider auch Fixateure befinden und Duftstoffe deshalb oft sehr hartnäckig anhaften, musste manches entsorgt werden. Heute aber befindet sich bei mir in der Regel nichts mehr, was jemals mit Duftstoffen Kontakt hatte.
Ich habe nun auch das Glück, dass ich verständnis- und rücksichtsvolle Familienangehörige und Freunde habe, die inzwischen auch komplett duftstofffrei leben. Mit ihnen habe ich Kontakt, sie besuchen mich, und ich besuche sie. Ich bin nicht allein, und dafür bin ich diesen Menschen sehr, sehr dankbar. Auch meine Kinder sind duftstofffrei, wofür ich sie sehr schätze. Hin und wieder bringen sie den Duft aus anderen Haushalten oder von der Schule mit – das ist leider immer unangenehm und hat einen „Rattenschwanz“ zur Folge, aber dafür können sie nichts. Im Vergleich zu meinen Problemen von früher aber ist dieses insgesamt doch noch erträglich.
Weil ich heute keinen anhaltenden Expositionen mit Duftstoffchemikalien mehr ausgesetzt bin und nur noch hin und wieder welche abbekomme, bin ich bei recht guter gesundheitlicher Verfassung. Ich habe nun wieder angefangen, leichten Sport – zu Hause – zu machen. Das war die vergangenen Jahre undenkbar. Jetzt aber wird dies zur weiteren Stabilisierung meiner Gesundheit beitragen.
Wie ist Ihr Buchtitel zu verstehen? Was meinen Sie mit „Revolution“?
Der Begriff „Revolution“ steht im Allgemeinen für eine tiefgreifende Wandlung, eine grundlegende Neuerung. In diesem besonderen Fall zielt er auf ein Umdenken und neues Handeln im Umgang mit Duft. Ich habe lange überlegt, ob ich hierfür den etwas gemäßigteren Begriff „Reform“ wählen sollte, habe mich dann aber doch für „Revolution“ entschieden. Denn ich meine, der Wandel zurück zu den Düften der Natur sollte sehr schnell vonstattengehen. Ich finde, es ist nicht mehr an der Zeit, dass allerorten Duftchemikalien mit toxischem Potenzial verbreitet werden. Zu viele Menschen reagieren mit schwersten Symptomen – unfreiwillig, weil sie passiv konsumieren müssen! Sie können zwar entscheiden, ob sie Duftstoffe selbst verwenden wollen oder nicht, aber sie können nicht entscheiden, ob sie Duftstoffe in ihren Körper hineinlassen wollen oder nicht, weil sie sie zwangsläufig einatmen! Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Auswirkungen, die sich langfristig manifestieren können, weil sich die Chemikalien, die übers Blut in die Organe gelangen, dort ablagern. Selbst in der Muttermilch wurden sie schon nachgewiesen. Sehr traurig stimmt mich, wenn ich daran denke, wie sehr wohl Säuglinge oder Kinder leiden, die Parfümstoffe nicht vertragen und dies nicht einmal artikulieren können – oder aber dies in der Folge durch ihr Verhalten zeigen, der Bezug zu den Duftstoffen aber aufgrund vom Nicht-informiert-Sein der Eltern nicht erkannt wird. Das Gleiche betrifft die Haustiere.
Betrachten wir einmal unsere Erde im Ganzen mit den Themen „Klimawandel“, „Luft- und Gewässerverschmutzung“, „Umweltkatastrophen“ sowie „Chemikalien in der Nahrungskette“, dann ist meines Erachtens sehr schnelles Handeln erforderlich. Ich finde, es sollten keine überflüssigen Chemikalien wie Duftstoffe mehr verwendet werden, weil sie sich über die Luft ausbreiten. Und es sollten diese auch nicht mehr über die Dusche, die Toilette und die Wasch- und Spülmaschine ins Grundwasser gegeben werden. Es ist bekannt, dass sich die höchst bedenklichen Duftstoffe in Unzahl in der Umwelt ablagern. Ob sie sich erst über mehrere Generationen hinweg oder überhaupt nicht – so wie die PFAS – abbauen, wurde meines Wissens noch gar nicht richtig erforscht. Fest steht jedoch, dass es tonnenweise davon gibt und dass sie zumindest schwer abbaubar sind.
Jede und jeder Einzelne kann diesen Prozessen leicht gegensteuern mit einer gesundheitsbewussten und umweltverträglichen Produktverwendung. Und einem zügigen Umstellen der Produkte auf so weit wie möglich duftstofffrei und noch besser chemikalienfrei. Diese gibt es im Handel in Form von Zertifizierter Naturkosmetik beziehungsweise benannt mit „zu 100 % aus natürlichen Stoffen“ oder „vollständig biologisch abbaubar“. Vieles Chemikalienfreies kann man auch bei kleinen Manufakturen erwerben oder kostengünstig selbst herstellen. Allein das bedeutet für mich, Teil einer Revolution, Teil einer neuen Bewegung zu sein.
Frau Arbter-Öttl, herzlichen Dank für das interessante Gespräch. Und viel Erfolg in Ihrem Kampf gegen die künstlichen Duftstoffe!
Buchtipp
Daniela Arbter-Öttl
Die Duft-Revolution
Unerklärliche Symptome
Künstlichen Duftstoffen auf der Spur
Clair, Januar 2024
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Künstliche Düfte – Auslöser von Symptomen?
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In der Corona-Krise ging ihr ein Licht auf: Wenn Duft-Stoffe zum Problem werden
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