In gefährlichem Milieu
31. Mai 2024
Wer im rechten Wählerreservoir fischen möchte, darf offensichtlich kein Thema auslassen, das dort Köder-Qualität hat. Es verwundert deshalb nicht, dass Frau Wagenknecht jetzt die öffentlich-rechtlichen Medien angreift und deren Finanzierung durch Gebühren einschränken möchte. Ebendiese Person, die nun seit vielen Jahren von einer öffentlich-rechtlichen Talkrunde in die nächste fällt und dort ihre eigene Weltsicht umfassend ausbreiten konnte, beklagt nun den dort angeblich herrschenden „Meinungseinheitsbrei“.
Der Angriff auf die öffentlich-rechtlichen Medien gehört zum Kernthemenbereich des rechten bis rechtsextremen politischen Spektrums. Wagenknecht spricht bei ihrer Medienschelte reines AfD-Deutsch. Sie sagt leider nicht, was die Alternative zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk wäre: rein kommerzielle, von Investoren und Werbekunden abhängige Sender auf der einen Seite und staatlich-steuerfinanzierte, von öffentlichen Haushalten abhängige Medien auf der anderen. Letztere sind – erfreulicherweise! – in Deutschland nicht erlaubt; dazu gibt es eindeutige Urteile des Bundesverfassungsgerichts.
Wer wollte bestreiten, dass es im öffentlich-rechtlichen Medienbereich allerhand zu verbessern gibt. Alles Menschenwerk sollte immer auf Reformbedarf überprüft werden. „Semper reformanda!“ – frei übersetzt: „Es gibt immer was zu erneuern“ – hat schon der antike Bischof Augustinus empfohlen. Die rechte Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem hat aber kein Reforminteresse. Sie will die Vielfalt im Mediensektor einschränken und hofft, nach einem möglichen politischen Machtgewinn auch die Medien im eigenen Sinn beherrschen zu können.
Frau Wagenknecht bewegt sich wieder einmal in einem gefährlichen Milieu. Und scheint sich dort wohlzufühlen.