Ein Fest der Zuversicht
29. März 2024
Es hat den Anschein, dass sich immer mehr Menschen störrisch gegen Veränderungen wehren. Sie sehnen sich angesichts hochproblematischer Aktualitäten nach dem „unproblematischen“ Gestern – ohne Klimakrise, ohne russischen Imperialismus, ohne Preissteigerung und bitte auch ohne alle Veränderungen an Sprache und Denkweisen und weiter mit bedenkenlos viel Fleischkonsum und Flugtourismus. Dass durch Verhaltensänderung Probleme gelöst oder doch wenigstens verkleinert werden könnten, reizt die ins Gestern Verliebten nicht. Viele wollen bewusst gestrig denken und vorgestrig wählen.
Ganz gleich, ob man jetzt Ostern als Fest des Winterendes und neuer Blüte feiert oder ob man diese Tage aktiv-religiös als den Höhepunkt der christlichen Botschaft von Leiden, Tod und Auferstehung begeht – es hat immer damit zu tun, Gestrig-Totes zurückzulassen und mit einer Haltung der Zuversicht nach vorne zu leben.
Thea Dorn, sonst nicht unbedingt meine Lieblingsphilosophin und -kommentatorin, hat kürzlich in einem Beitrag in der ZEIT (13/2024) auf die Unverzichtbarkeit der „Zuversicht“ hingewiesen. Sie nimmt als bekennende Agnostikerin sogar das schöne Wort „Gottvertrauen“ auf, um diese Haltung zu beschreiben. Wunderbare Zitate gegen Passivität und Resignation werden von der Autorin angeführt; sie stammen von so unterschiedlichen Menschen wie dem Christen Dietrich Bonhoeffer oder dem Sozialisten Antonio Gramsci. Beide wurden im KZ bzw. im Gefängnis ermordet – nach langer, quälender Haft. Nichts hat sie gehindert, nach vorne zu denken und Hoffnung zu verbreiten. Zuversicht – so Dorn – sei ein „Charaktermuskel“, den man wie jeden Muskel nur durch Training vor dem Verkümmern bewahren könne.
Karfreitag und Ostersonntag sind ideale Gelegenheiten, diesen Muskel wieder zu entdecken und gleich mit einem Trainingsprogramm für zuversichtliches Denken und Handeln zu beginnen. Ich wünsche österliche Festtage der Zuversicht!