Energetische Dachsanierung eines 1950er-Jahre-Hauses mit Holzfaser-Dämmstoffen – Foto: Fritz Lietsch

Bauen & Verkehr

Die beste Energie ist die, die wir nicht brauchen

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Soll das Heizen eines Gebäudes mit erneuerbaren Energien erfolgen, so muss mit niedrigeren Temperaturen agiert werden. Das ist eigentlich kein großes Problem, denn mit einer guten Wärmedämmung lassen sich die Wärmeverluste deutlich senken. Doch gegen Wärmedämmungen gibt es Vorbehalte.

von Günther Hartmann

 

Die Wärmepumpe ist eine Schlüsseltechnologie für die Wärmewende im Gebäudesektor. Denn sie arbeitet äußerst effizient, erzeugt mithilfe von Strom 3- bis 4-mal so viel Wärme, wie sich mit Strom direkt erzeugen ließe. Um zu verstehen, wie eine Wärmepumpe funktioniert, muss man sich drei Dinge aus dem Physikunterricht ins Gedächtnis rufen: (1) Aus physikalischer Sicht ist Kälte nur ein Weniger an Wärme. (2) Wärme fließt immer dorthin, wo es kühler ist. (3) Einen flüssigen oder gasförmigen Stoff zu verdichten, macht ihn wärmer, ihn zu „entdichten“, macht ihn kühler.

Mit diesen Prinzipien arbeitet die Wärmepumpe: In einem geschlossenen Kreislauf zirkuliert ein sogenanntes „Kältemittel“. Das wird zunächst mithilfe von elektrischem Strom „entdichtet“ und kühlt dadurch stark ab. So wird es zu einer sogenannten „Wärmequelle“ gepumpt. Damit ist eine Umgebung außerhalb des Gebäudes gemeint, die wärmer ist als das abgekühlte Kältemittel. Das hat zur Folge: Wärme fließt von der Umgebung zum Kältemittel. Das erwärmte Kältemittel wird zu einem Kompressor gepumpt, der es mithilfe von elektrischem Strom verdichtet, wodurch es sich stark erhitzt. So wird es zum sogenannten „Wärmetauscher“ gepumpt. Vom erhitzten Kältemittel fließt dort Wärme zum kühleren Wasser des ebenfalls geschlossenen Heizkreislaufs. Das Wasser im Heizkreislauf erwärmt sich, das Kältemittel kühlt ab. Das abgekühlte Kältemittel wird wieder „entdichtet“ – und der Kreislauf beginnt von vorn.

Der elektrische Strom dient also nicht direkt zum Erzeugen von Wärme, sondern nur zum Verdichten, „Entdichten“ und Pumpen des Kältemittels. Die Wärme wird der Wärmequelle entzogen. Je höher die Temperatur der Wärmequelle und je niedriger die des Wassers im Heizkreislauf – die sogenannte „Vorlauftemperatur“ –, desto effizienter arbeitet die Wärmepumpe. Die simpelste und kostengünstigste Wärmequelle ist die Außenluft, doch die hat einen großen Nachteil: Wenn ihre Temperatur sinkt, dann steigt gleichzeitig der Heizwärmebedarf – und die Wärmepumpe arbeitet ineffizienter. Damit der Heizwärmebedarf nicht zu hoch wird, muss der Wärmeverlust minimiert werden: durch eine gute Wärmedämmung. Diese Tatsache geht in den aktuellen Diskussionen oft unter. Noch dazu kursieren Vorbehalte gegen das Dämmen.

 

Faktencheck zur Kritik an Wärmedämm-Maßnahmen

Viele Medien veröffentlichten in den letzten Jahren immer wieder reißerische Beiträge zur Wärmedämmung. „Dämmwahn“, „Zu Tode gedämmt“, „Volksverdämmung“, „Verdämmt in alle Ewigkeit“ lauteten Titel von Artikeln und Filmberichten. Von „Schwindel“, „Betrug“ und einem „falschen Spiel der Lobbyisten“ war die Rede. Kritisiert wurde, „Wärmedämmung spart keine Energie“, „die vorher errechneten Einsparungen traten nicht ein“ sowie „Wärmedämmung ist unwirtschaftlich und lohnt sich nicht“. Wie sich aber eine Wärmewende besser erreichen lässt – diese Frage wurde nicht gestellt und erst recht nicht beantwortet.

Dass eine Wärmedämmung keine Heizenergie spart, ist schon rein physikalisch unmöglich. Die Frage ist nur: Wie viel Heizenergie spart sie? Idealerweise besteht eine Energetische Sanierung aus mehreren aufeinander abgestimmten Maßnahmen: aus dem Dämmen des Dachs und der Fassade, dem Austauschen der Fenster sowie dem Einbau einer neuen Heizungsanlage. Welche Maßnahme zu welchen Einsparungen führt, muss bei jedem Gebäude berechnet werden. Wird aber zuerst die Heizungsanlage erneuert, dann ist diese nach einer später durchgeführten Dämmung überdimensioniert und arbeitet unwirtschaftlich.

Dass die errechnete Energieeinsparung in der Realität nie eintrifft, liegt daran, dass der theoretische Bedarf eines „Normnutzers“ vor und nach der Sanierung errechnet wird, nicht der tatsächliche Verbrauch. Denn der hängt stark vom Verhalten der Bewohner ab. Untersuchungen von großen Wohnanlagen zeigten: Bei identischen Wohnungen verbrauchten die verschwenderischsten Haushalte 7-mal so viel Heizenergie wie die sparsamsten. Das Normberechnungsverfahren dient dazu, verschiedene Gebäude vergleichbar zu machen. „Benutzerbereinigte“ Ergebnisse zeigen deren energetische Qualität. Wird die besser, so sinken die Heizkosten – und das verführt zur Verschwendung, weil sich die Rückkoppelung auf den eigenen Geldbeutel verringert hat. „Rebound-Effekt“ heißt das im Fachjargon.

Dass die Maßnahmen zur Energieeinsparung unwirtschaftlich sind, hängt stark von der Energiepreisentwicklung ab. Die ist schwer vorhersagbar – und hat wenig mit der Klimaerwärmung zu tun. Der Preis ergibt sich primär aus Angebot und Nachfrage. Die zu stellende Frage lautet: Wollen wir das Klima nur dann schützen, wenn wir einen finanziellen Gewinn daraus ziehen? Hier ist die Politik gefordert. Sie muss durch eine Besteuerung von CO2-Emissionen fossile Energieträger drastisch verteuern und durch Förderprogramme die Investitionskosten erschwinglich machen. Dann lohnen sich Maßnahmen zur Energieeinsparung.

Das tut die Politik auch – aber nur unzureichend. Während unter Angela Merkel hier zwar kein großer Ehrgeiz vorhanden war, aber immerhin ein hoher Grad an Verlässlichkeit herrschte, hat die „Ampel“ durch ihren sprunghaften Aktionismus und nicht angekündigte Förderstopps viele sanierungswillige Hauseigentümer zutiefst verunsichert sowie viele Energieberater in ihrer beruflichen Existenz gefährdet.

 

Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen

Ein weiterer Vorbehalt gegen das Dämmen liegt an den Materialien: Hartschaum, wie z. B. Styropor, und Mineralfaser, wie z. B. Glaswolle, sind ökologisch problematisch und unbeliebt. Doch es gibt auch ökologisch hochwertige Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen. Die haben inzwischen einen Marktanteil von rund 10 %. Davon entfallen rund 60 % auf Holzfaser-Dämmstoffe und rund 30 % auf Zellulose-Einblasdämmstoff aus Altpapier.

Während Altpapier aktuell so begehrt ist, dass sich die Produktion von Zellulose-Einblasdämmstoff kaum mehr steigern lässt, wächst in unseren Wäldern noch deutlich mehr Holz, als geerntet wird. Allerdings geht es unseren Wäldern nicht gut. Die Klimaerwärmung setzt ihnen zu. Immer mehr Bäume müssen aufgrund von Sturmschäden, Hitze, Trockenheit und Käferbefall frühzeitig entnommen werden – mit zu dünnen Stammdurchmessern und einer zu niedriger Holzqualität, um daraus hochwertige Holzprodukte herzustellen. Zum Herstellen von Holzfaser-Dämmstoffen reicht sie jedoch meist aus. Und durch nachhaltige Forstwirtschaft wird der notwendige Waldumbau beschleunigt: weg von anfälligen Monokulturen hin zu robusten Mischwäldern.

Zur Einsparung von Heizenergie ist natürlich die Dämmleistung entscheidend. Da haben vor allem viele Holzfaser-Dämmstoffe inzwischen zu den Mineralfaser-Dämmstoffen aufgeschlossen. Und für jeden Einsatzzweck oberhalb des Kellerbereichs gibt es passende Produkte: flexible Dämmmatten für die Gefache zwischen Dachsparren und Wandständern; robuste Dämmplatten für den Einsatz auf Dachsparren und Wandständern – auch verputzbare. Sogar Einblasdämmstoffe aus Holzfasern haben sich inzwischen etabliert.

Dämmstoffe aus Holzfasern und anderen nachwachsenden Rohstoffen senken nicht nur den Heizenergiebedarf und die heizungsbedingten CO2-Emissionen, sondern speichern auch große Mengen CO2. Genauer gesagt: Sie speichern Kohlenstoff (C). Denn ihr Rohstoff entsteht durch Photosynthese: Die Pflanzen „atmen“ CO2 ein, zerlegen es, bilden aus dem Kohlenstoff (C) ihre Zellstruktur und „atmen“ Sauerstoff (O2) aus. Würden die Pflanzen am Ende ihres Lebens verrotten oder verbrennen, dann würde sich dieser Prozess umkehren und das gebundene CO2 wieder frei. Durch ihre stoffliche Nutzung als Dämmstoff bleibt das CO2 jedoch weiterhin gespeichert.

Die CO2-Speicherung entlastet die Erdatmosphäre genauso wie die CO2-Einsparung beim Heizen – allerdings sofort und nicht erst über einen langen Zeitraum. Und auf dieses Sofort kommt es derzeit an, denn das Hauptproblem der Klimaerwärmung ist ihre in der Erdgeschichte beispiellos hohe Geschwindigkeit. Dämmen mit Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen bedeutet also: Klimaschutz jetzt!

 


Onlinetipps

o. V.
Gebäudesektor verfehlt erneut CO2-Ziele
Bauwende-News, 15.01.2024
www.t1p.de/niair

Christine Lemaitre
Petition zum internationalen Umdenken im Bausektor
DGNB Blog, 19.12.2023
www.t1p.de/y6swg

Petition
Stop the nonsense!
Demand urgent sustainable policies for the construction industry
Change.org, 03.12.2023
www.t1p.de/lwy2n

dena
Gebäudereport 2024
Zahlen, Daten, Fakten zum Klimaschutz im Gebäude
November 2023
www.t1p.de/yj8i8

vdnr
Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
www.vdnr.net

vdnr
Holzfaserdämmstoffe
www.holzfaser.org


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