Unabhängig?
19. Januar 2024
Im Verlauf der Bauernproteste ist viel gehupt und viel Abgas in die Luft geblasen worden. Es wurde auch viel geplappert. Der Ministerpräsident von Bayern hat z.B. gesagt, dass man zur deutschen Landwirtschaft vor allem auch deshalb stehe, weil sie – anders als etwa die Arzneimittelproduktion – unabhängig von globalen Lieferketten funktioniere und so sichere Ernährung garantiere.
Schön wär´s.
Herr Söder ist weder dumm noch uninformiert. Wenn er solche nachweisbar falschen Thesen in die Welt setzt, muss das andere Gründe haben. Aussagen, die nicht stimmen, nennt man entweder Lüge oder Ideologie, neuerdings auch Fake-News, und im harmlosen Fall Irrtum. Aber Söder irrt nicht. Er wollte wohl nur ein vielfach vorgetragenes Märchen der etablierten Landwirtschaftslobby mitplappern, um bei dieser zu punkten. Man hat ja noch Größeres vor…
Dass die deutsche Landwirtschaft vielfach von internationalen Lieferketten abhängt, ist kein Geheimnis. Allein der hohe Dieselbedarf macht deutsche Nahrung abhängig von der Lage in Nahost. Dass die Herstellung von Mineraldünger Erdgas braucht, haben wir vor gut einem Jahr erkennen müssen. Vor dem Ende der russischen Gaslieferungen glaubten viele, dass der Mineraldünger aus dem Lagerhaus kommt.
Und da wäre ja noch die Futtermittelsache: Ohne Soja-Kraftfutter – vorwiegend aus Lateinamerika importiert – gibt es keine „Hochleistungstiere“. So kommt es, dass fast jedes deutsche Schnitzel mit Saudi-Arabien, Brasilien, Katar und den USA zu tun hat.
Ja, es gibt Bauern und Bäuerinnen, die unabhängig von langen Lieferketten produzieren. Sie stellen eine beachtenswerte Minderheit dar. In der Regel wirtschaften sie ökologisch und widerstehen dem elenden Diktat des „Wachse oder weiche“-Dogmas.
Mir ist nicht bekannt, dass Herr Söder und die Chefs des Bauernverbandes diese Gruppe besonders ins Herz geschlossen hätten. Wir alle hätten aber guten Grund, solche Bauernhöfe zu stützen!