In fast allen Sportarten müssen Frauen nicht gegen Männer antreten. – Foto: 12019/pixabay.com

Gesellschaft & Kultur

Gleichstellung verhindert Gleichberechtigung

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Sprachliche Formulierungen können ähnlich sein und trotzdem sehr Unterschiedliches bedeuten. So werden die Begriffe „Gleichberechtigung“ und „Gleichstellung“ oft wie Synonyme gebraucht, doch das sind sie nicht. Ganz im Gegenteil: Bei nüchterner Betrachtung zeigt sich, dass das eine das andere sogar ausschließen kann.

von Dr. Johannes Resch

 

Unser Grundgesetz definiert den Gleichberechtigungsanspruch in seinem Artikel 3: „(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. … (3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, … benachteiligt oder bevorzugt werden. …“ Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird „Gleichstellungspolitik“ definiert: „Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine der zentralen Herausforderungen, um das Leben in unserem Land zukunftsfähig und gerecht zu gestalten. Dafür müssen Frauen und Männer auf dem gesamten Lebensweg die gleichen Chancen erhalten – persönlich, beruflich und familiär.“

Damit wird der Eindruck vermittelt, die „Gleichstellung der Geschlechter“ diene deren Gleichberechtigung. Diese Gleichsetzung der beiden Begriffe bahnt den Weg für handfeste Missverständnisse. Denn bei genauerer Betrachtung haben Gleichstellung und Gleichberechtigung eine recht unterschiedliche und oft sogar gegensätzliche Bedeutung.

Geschlechtsunterschiede anerkennen statt missachten

Würden Männer und Frauen bei sportlichen Wettkämpfen „gleichgestellt“, dann hätten sie gegeneinander anzutreten. In den meisten Sportarten wären Frauen unterlegen – ein Blick auf die Weltrekorde zeigt dies deutlich. Eine „Gleichstellung der Geschlechter“ würde im Sport zwangsläufig zu einer deutlichen Benachteiligung der Frauen führen. Denn Frauen und Männer sind biologisch unterschiedlich. Männer haben im Durchschnitt mehr Kraft und sind dadurch bei allen Sportarten, in denen Kraft eine Rolle spielt, im Vorteil. Eine Gleichberechtigung im Sport ist also nur möglich, wenn keine Gleichstellung erfolgt, sondern die biologischen Unterschiede gleichberechtigend berücksichtigt werden.

Wer über Grundkenntnisse in Biologie oder Medizin verfügt, der weiß, dass diese Unterschiede nicht zufällig oder anerzogen oder erworben sind, sondern auf einem genetisch bedingten Hormonhaushalt basieren. Natürlich gibt es auch Frauen, die größer und kräftiger sind als Männer, aber im Durchschnitt sind sie das nicht.

Die Unterschiede beschränken sich nicht auf Körpergröße und Kraft. Es gibt sie auch im Gefühlsleben, beim Berufswunsch, bei den Freizeitinteressen und in anderen Bereichen. Die gegenwärtige Gleichstellungspolitik missachtet diese Unterschiede. Und deshalb kann sie niemals zu einer Gleichberechtigung der Geschlechter führen, wie das offiziell behauptet wird.

Diskriminierend ist Geringachtung von Erziehungsarbeit

Das Motto „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“ bezieht sich nur auf die Erwerbsarbeit und macht die Vorlieben der Männer zum Maßstab. Die häusliche Erziehungsarbeit, die überwiegend von Frauen geleistet wird, bleibt völlig unbeachtet – und das ist diskriminierend. Es wird einfach so getan, als wenn beide Geschlechter gleiche Vorlieben und Fähigkeiten hätten. Und die der Männer werden zur Norm erhoben.

Frauen haben aber seit Menschengedenken eine andere Beziehung zur Erwerbsarbeit, weil diese bei ihnen viel stärker mit der Erziehungsarbeit für ihre Kinder konkurriert. Die immer wieder vorgebrachte Behauptung, die Neigung zu unterschiedlichen „Rollen“ sei „anerzogen“ oder „gesellschaftlich geprägt“, ist ebenso abwegig, wie es die Auffassung wäre, die unterschiedlichen Körpergrößen seien dies.

Das Problem lässt sich deshalb auch nicht dadurch lösen, dass die Männer aufgefordert werden, sich dem Verhalten der Frauen anzupassen. Die emotionale Beziehung einer Mutter zu ihrem Kind wird hormonell anders gesteuert als beim Vater. Das verbindet uns Menschen mit fast allen Säugetieren. Eine Kuh z. B. hat zu ihrem Kalb eine andere Beziehung als der Stier – auch wenn dieser Vergleich etwas hinkt, weil es bei Rindern keine Familie gibt. Aber der biologisch begründete Unterschied der Geschlechter ist bei Mensch und Tier eben doch viel ähnlicher als derzeit im öffentlichen Bewusstsein verankert.

Daraus folgt, dass die gegenwärtige Gleichstellungspolitik niemals zur Gleichberechtigung der Geschlechter führen kann, sondern in die entgegengesetzte Richtung führt. Eine tatsächliche Gleichberechtigung ist nur vorstellbar, wenn die genetisch und hormonell weitgehend vorgegebenen „Rollen“ als gleichwertig anerkannt und entsprechend gleich bewertet und behandelt werden. Der Wert der elterlichen Erziehungsarbeit für die Gesellschaft ist ebenso hoch einzuschätzen wie eine Erwerbsarbeit. Und dies unabhängig davon, ob sie nun tatsächlich von einer Frau, einem Mann oder von beiden geleistet wird.

Gleichberechtigung bedeutet auch: Reform des Rentensystems

Alle Regierungen der vergangenen sechs Jahrzehnte haben die Weichen eindeutig gegen eine Gleichberechtigung der Frauen gestellt. Dies zeigt sich besonders deutlich dadurch, dass sie den Rentenanspruch nahezu ausschließlich an die Erwerbsarbeit gebunden haben. Und das, obwohl die Renten im bestehenden Umlageverfahren ausschließlich von den Kindern der Rentnergeneration finanziert und damit auch ausschließlich durch die überwiegend von Frauen geleistete Erziehungsarbeit erarbeitet werden.

Die Gleichstellungspolitik brachte nur den Frauen einen Vorteil, die den Männern nacheiferten und die Erwerbsarbeit zum Maßstab aller Dinge machten. Die Gleichberechtigung der Frauen erfordert jedoch, auch die „Rolle“ der elterlichen Erziehungsarbeit ihrem Wert gemäß anzuerkennen. Das gilt natürlich auch dann, wenn die Erziehungsarbeit künftig mehr von Männern geleistet wird.

Unser Umlageverfahren funktioniert nur, wenn ausreichend Kinder geboren und erzogen werden – und später dann als Erwachsene Rentenbeiträge zahlen. Die Erziehung eines Kindes erfordert im Durchschnitt ungefähr den Finanzaufwand wie die Versorgung eines Rentners. Die Versorgung eines Rentners wird also allein durch die Erziehung eines Kindes gesichert – doch die Erziehungsleistung der Eltern wird nur zu etwa einem Viertel über den „Familienlastenausgleich“ entschädigt.

Wenn unser gesetzliches Rentensystem weiterhin auf dem Umlageverfahren beruhen und zur Gleichberechtigung der Geschlechter beitragen soll, muss die elterliche Erziehungsarbeit mit herkömmlicher Erwerbsarbeit finanziell „gleichgestellt“ werden. Erst dann wären die beiden Geschlechter „gleichberechtigt“. Erst dann könnte jeder Elternteil die seiner individuellen Persönlichkeit „gerecht“ werdenden Prioritäten setzen.

 


 

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