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„Nur noch Top-Vorträge in großen Sälen“

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Die ÖDP München erreichte bei den Kommunalwahlen 2014 erstmals zwei Stadtratssitze, steigerte bei den Landtagswahlen 2018 ihre Stimmenzahl und erzielte ein Ergebnis über dem Landesdurchschnitt. Besonders stark wuchs in den letzten Jahren die Zahl ihrer Mitglieder. Das ist wohl kein Zufall – und macht neugierig.
Interview mit Thomas Prudlo

ÖkologiePolitik: Herr Prudlo, die ÖDP München steigerte die Zahl ihrer Mitglieder zwischen 2012 und 2018 von 260 auf 400. Wie haben Sie das geschafft?
Thomas Prudlo: Die Basis dafür war die Bündelung unserer Kräfte durch die Fusion der Münchner Kreisverbände. Statt fünf kleinerer Vorstände gibt es jetzt einen großen Vorstand. Statt diverser kleiner ÖDP-Stammtische gibt es nun einen großen Aktiventreff mit 30 bis 50 Teilnehmern. Das wirkt auf alle motivierender und es kommt auch viel mehr dabei raus. Zum wichtigsten Instrument unserer Außendarstellung machten wir unsere Vortragsveranstaltungen und die damit einhergehende Plakatierung im gesamten Stadtgebiet. Wir beschlossen, nur noch Top-Vorträge in großen Sälen durchzuführen: brisante Themen, spannend aufgemacht mit hochkarätigen Referenten. Und die Rechnung ging auf: Zu allen Veranstaltungen kamen immer mehrere Hundert Besucher. Die meisten Veranstaltungen waren ausverkauft. 75 % aller Besucher wurden durch die Plakate auf die Vorträge aufmerksam – und damit auch auf die ÖDP. Damit steigerten wir unseren Bekanntheitsgrad und sorgten für ein positives Image als engagierte, undogmatische, umtriebige Partei. Das spiegelte sich dann in der Zahl der Beitritte wider.

Gab es bestimmte Referenten, nach deren Vorträgen besonders viele Beitritte zu verzeichnen waren?
Nein, kaum ein Beitritt erfolgte unmittelbar nach einem Vortrag. Die meisten Beitritte verzeichnen wir immer im Frühjahr und in den Wochen vor Wahlen. Auslöser für Beitritte waren aber tatsächlich sehr oft Besuche unserer Vorträge, auch wenn es dann meist einige Monate dauerte, bis der Schritt zur Parteimitgliedschaft erfolgte.

Woher wissen Sie das?
Das gaben die Beigetretenen auf Nachfrage an. Zwei Kolleginnen aus dem Stadtvorstand kümmern sich um die neuen Parteimitglieder. Sie rufen sie an, laden sie auf einen Kaffee ein, unterhalten sich mit ihnen über ihre Motive, Erwartungen, Wünsche und Möglichkeiten aktiver Mitarbeit. Dieses Angebot kommt bei den meisten gut an und ist für beide Seiten informativ und motivierend.

Wie finanzieren Sie die Vortragsveranstaltungen und deren Plakatierungen?
Die Plakatierungen stemmen wir über den normalen Jahreshaushalt unseres Stadtverbands. Der lässt das aufgrund der Beiträge unserer vielen Mitglieder sowie großzügiger Spenden unserer beiden Stadträte und anderer Parteikollegen glücklicherweise zu. Die Vortragsveranstaltungen selbst – also das Honorar für den Referenten und die Miete für den Saal – werden jeweils direkt über Eintrittsgelder finanziert. Die sind deshalb auch unterschiedlich hoch und liegen zwischen 4 und 12 Euro. Das ist noch für alle Interessierten erschwinglich.

Ist dieses Konzept von anderen Kreisverbänden kopierbar?
Ja, zumindest im Grundsatz. Und Kreisverbände wie Augsburg und Nürnberg haben dies auch schon erfolgreich umgesetzt. Das ist natürlich eine Menge Arbeit, aber vieles kann man abschauen und übernehmen. Wichtig sind meines Erachtens allerdings zwei Punkte: Erstens muss der Titel stimmen. Fragen machen die Besucher neugierig und können trotzdem wichtige Botschaften gut rüberbringen. Zweitens darf die Vortragsveranstaltung nicht zu Werbe- und Wahlkampfveranstaltung mutieren. Das Vortragsthema muss im Mittelpunkt stehen. Natürlich geben wir bei der Begrüßung und Verabschiedung Hinweise auf die ÖDP als Veranstalter und erklären, warum wir als ÖDP dieses Vortragsthema aufgreifen und den Referenten eingeladen haben, aber nur ganz kurz und prägnant, maximal 3 Minuten. Die Besucher kommen und zahlen, um den Vortrag zu hören – und da sollte man keinen Unmut erzeugen und Sympathien verspielen, indem man allzu lang über sich selbst redet und peinliche Selbstbeweihräucherung betreibt. Weniger ist mehr – das gilt auch hier. Die ÖDP als Veranstalter ist wochenlang auf den Plakaten zu sehen, ist im Foyer mit Infoständen präsent und auf der Bühne mit Roll-ups – das genügt vollauf. Besucher, die künftig regelmäßig über die ÖDP-Veranstaltungen informiert werden wollen, können sich auf einer Liste eintragen. So konnten wir im Lauf der Jahre einen umfangreichen Verteiler mit inzwischen rund 3.500 E-Mail-Adressen aufbauen, der für die politische Information enorm wichtig ist.

Wie finden Sie die Themen und Referenten?
Wir treffen uns auch einmal im Jahr zu einem Strategiewochenende, halten dort Rückschau auf das vergangene Jahr, suchen nach Defiziten bei anderen Parteien und nach Themen für unsere Vortragsveranstaltungen, schauen uns YouTube-Clips und deren Klickzahlen an und sprechen mit vielen unterschiedlichen Leuten.

Welche Themen drängen sich gerade auf?
In der Boomtown München ist es der Wachstumswahn, der in einen Wohnungsnotstand und Verkehrsinfarkt mündet und deswegen exakt unseren Kern widerspiegelt, nämlich die Abkehr vom Wachstumsdogma. National sehe ich das Freihandelsabkommen mit Afrika als Musterbeispiel einer neoliberalen Plünderungspolitik als großes Thema, weil sich dort dann eine verfehlte Landwirtschaftspolitik, Konzerninteressen, eine unehrliche Entwicklungspolitik und Flüchtlingskatastrophen als Themen bündeln. Dazu glaube ich, dass wir als ÖDP beim Thema „Künstliche Intelligenz“ die Frage nach dem zukünftigen Wert des Menschen stellen müssen und uns als Partei positionieren können, die auch das „unperfekte“ Leben verteidigt, weil es Teil des Menschseins ist.
Herr Prudlo, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

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