„Es vollzieht sich eine von Menschenhand gemachte Klimakatastrophe“
20. Juni 2018
„Schon das Wort – Klimawandel – ist eine Irreführung und Verharmlosung,“ so Dr. Maiken Winter in Lüdenscheid. Denn in Wahrheit vollziehe sich eine von Menschenhand gemachte Klimakatastrophe, die die größte Bedrohung und die größte Herausforderung für die Menschheit bedeute. Auf Einladung der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), Kreisverband Märkischer Kreis und der „Bürger-Energie Lüdenscheid e. G.“ referierte Dr. Winter auf Empfehlung des „Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung“ (PIK) zum Thema: „Ursachen, Folgen und Lösungsmöglichkeiten des Klimawandels“.
Verursacher der hohen CO2 Emissionen sind v. a das ungebremste Verbrennen fossiler Treibstoffe, sowie Wald-Rodungen, und Vieh- und Landwirtschaft. Seit Beginn der Industrialisierung habe sich die Erdoberfläche um 1,2° C erwärmt, so Dr. Winter. 16 der 17 wärmsten Jahre traten seit 2001 auf. In Deutschland betrage der durchschnittliche Temperatur-Anstieg 1,4° C.
Bis 2100 sei eine Erwärmung um 4° C oder mehr möglich. Eine Zunahme von 4° C entspricht in etwa dem Temperaturunterschied zwischen einer Warmzeit und einer Eiszeit. Und diese klimatische Veränderung erfolge nicht in Jahrtausenden, sondern innerhalb von Jahrzehnten. 4° C plus bedeute eine Erwärmung der mittleren globalen Land-Temperatur um 5 bis 6° C, eine Erwärmung der heißesten Tage um 8 – 10° C in Zentraleuropa. Dabei ändere sich das Klima deshalb bisher so wenig, weil ca. 30 % des CO2 und 93 % der Wärme von den Ozeanen aufgenommen wird. Ein Abschmelzen von Grönland hätte einen Meeresspiegelanstieg von 6 – 7 m zur Folge. Die kritische Temperatur, ab der das Eis von Grönland vollkommen abtaut, liege zwischen 1 und 4 Grad Erwärmung.
Dabei seien viele Änderungen nicht linear, sondern unterliegen „Kipp-Punkten“. Sind diese überschritten, dann sind sie meist nicht mehr rückgängig zu machen. Wenn die globale Tempe-ratur bis 2100 um nur 1,5° C ansteige, dann sei schon dieser Temperaturanstieg 10-mal schneller als in den letzten 65 Millionen Jahren! Zudem: Im Jahr 2100 höre die Erwärmung nicht auf. Da das CO2 viele Jahrhunderte in der Atmosphäre verbleibe, reiche es nicht aus, so Dr. Winter, die CO2 Emissionen nicht nur „etwas“ zu reduzieren.
Neuere Messungen bestätigen den Trend: Im Mai 2018 wurden 411 Teilchen pro Million Teilchen (ppm = Parts per Million) CO2 in der Atmosphäre gemessen. Als „sicher“ werde eine CO2 Konzentration von 350 ppm angesehen. Im Zeitraum von 8000 v. Chr. bis ca. 1960 sei die CO2 Konzentration um lediglich 30 ppm, auf rund 320 ppm gestiegen. Seitdem gehe es rapide bergauf: Allein im Zeitraum von 2001 bis 2016 um 30 ppm – von 370 auf 400 ppm. Heißt: Die CO2 Konzentration ist in diesen 15 Jahren so stark gestiegen wie in den letzten 10000 Jahren!
Die Auswirkungen der drohenden „Selbstverbrennung“ seien bereits vielfältig: Dr. Winter nannte z. B. die Zunahme von Wetterextremen, das Absterben von Korallenriffen, das „Versauern“ der Meere, den Rückgang der Gletscher, den Rückgang des arktischen See-Eises, die Prognose, dass jede 6. Tier- und Pflanzenart bis zum Jahr 2100 als direkte Folge des Klimawandels aussterben könnte und vieles mehr Opfer der Klimakatastrophe sind bisher besonders die Länder und Menschen der Südhalbkugel der Erde. Diese tragen selbst kaum zu dem Klimawandel bei. Zwischen 2008 und 2015 mussten ca. 22,5 Millionen Menschen pro Jahr aufgrund klimatischer Ereignisse fliehen. Das sind 62.000 Menschen pro Tag! Die Klimaerhitzung bedrohe die Lebensgrundlagen auf der Erde. Für eine Umkehr sei es aber noch nicht zu spät.
Deutschland verfehle seine Klimaziele massiv. Dringend sei eine „Klima-Mobilisierung“. „Es zählt jede(r) Einzelne“, so Dr. Winter. „Damit die „Badewanne nicht überläuft, muss der Wasserhahn abgedreht und der Stöpsel gezogen werden.“ Zum sofortigen Handeln gehöre auch für jeden Einzelnen: Qualität statt Quantität zu kaufen, regional und fleischarm einkaufen, Heizung runter drehen, weniger Warmwasser verbrauchen, Strom sparen, nicht fliegen, zu Fuß gehen oder radeln sowie Mit-Denken. Es gelte, aus fossilen Energien auszusteigen, politisch aktiv zu werden und in der Divestment-Bewegung mitzuwirken.
Dr. Maiken Winter referierte in zwei ausgezeichneten Vorträgen: Den einen in der Aula des Geschwister-Scholl Gymnasiums (GSG), Lüdenscheid, vor 200 Schülerinnen und Schülern, den anderen beim ÖDP Kreisverband Märkischer Kreis.
Zur Veranschaulichung hatte Dr. Winter zudem die Wanderausstellung „Klimawandel – eine globale Herausforderung“ des Vereins „WissenLeben e. V.“ mitgebracht. Frau Dr. Winter ist dessen Gründerin.
Die Ausstellung wurde am 14. Juni in der Stadtbücherei Lüdenscheid von Frau Dr. Maiken Winter eröffnet. Sie ist bis zum 30. Juni 2018 dort zu sehen.
Über die Referentin:
Dr. Maiken Winter, vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) empfohlene Biologin setzt sich mit Leib und Seele für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ein. Nach dem Biologiestudium zog es sie zunächst in die USA, da die Weite und Schönheit der nordamerikanischen Prärie sie tief bewegte und sie zum Schutz ihrer einmaligen Flora und Fauna beitragen wollte. Nach ihrer Promotion an der University of Missouri in Columbia arbeitete Winter lange Jahre an der Cornell University, Lab of Ornithology, in New York. Sie absolvierte (im Rahmen des Climate Reality Projects) ein Training bei Al Gore und hält seitdem Vorträge und Workshops über den Klimawandel, seine Konsequenzen und Lösungsmöglichkeiten. Dr. Maiken Winter ist ÖDP Mitglied und Landtagskandidatin bei den Landtagswahlen 2018 in Bayern.