Verdrängte Ursachen
16. Oktober 2017
Das ist aber eine Überraschung: Die Leistungen der Grundschüler sinken. Werden nicht immer mehr Kinder immer früher und immer länger in Krippen betreut? Gibt es nicht deutlich mehr Ganztagsschulen? Wurde uns nicht ständig erklärt, dass diese Maßnahmen die entscheidenden Beiträge zu einer Bildungsoffensive darstellen?
In ersten Kommentaren zum bedenklichen Ergebnis des großen Grundschülertests wird ganz zu Recht festgestellt, dass die Situation in den Grundschulen schwieriger geworden ist: Inklusion und Migration lassen sich nicht ohne massive Verbesserungen in der Personalsituation bewältigen. Zweitkräfte in allen Klassen – wie z.B. in der vorbildlichen Bildungsregion Südtirol schon lange üblich – müssen auch bei uns Standard werden.
Eine weitere mögliche Ursache des Leistungsproblems bei den Grundschülern wird man seitens der Bildungspolitik und der Bildungsforschung aber auch weiterhin verdrängen: Die Abwertung der Familie, das neue Leitbild „alle Eltern arbeiten außerhaus für das Bruttosozialprodukt“ und damit die Verschärfung von Dauerstress und Zeitmangel beim Leben mit Kindern – könnte das nicht auch nachteilig für die Lernfreude sein?
Auch die radikale Digitalisierung der Kindheit wird nicht als Teil des Problems erkannt werden: Die Reduzierung der unmittelbaren Kommunikation und der intensive Gebrauch elektronischer Systeme auch schon durch ganz kleine Kinder sollte wenigstens als Forschungsthema auf die Tagesordnung gesetzt werden.