Foto: Werner Kuhnle / NABU

Bauen & Verkehr

Grundsteuer-Reform gegen Flächenfraß

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Jeden Tag werden in Deutschland rund 700.000 m² freie Landschaft zu Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt. Dabei ist Boden eine endliche Ressource. Doch weil sein Verbrauch schleichend geschieht, wird er kaum wahrgenommen. Es mangelt an Problembewusstsein und so wird fast nichts dagegen unternommen. Dabei gäbe es einen breitenwirksamen Lösungsansatz mit viel Potenzial.

von Dr. Ulrich Kriese

Die Ressource Boden ist uns eher wenig als bedrohte Lebensgrundlage im Bewusstsein. Flächenverbrauch und -versiegelung, Bodenverunreinigungen und -degradation, Humusverlust und andere Probleme werden mehr in Fachkreisen als in der breiten Öffentlichkeit thematisiert. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Land seit jeher fast überall in der Welt erworben und vererbt werden kann und dementsprechend auf viele private Eigentümer verteilt ist. Boden gilt schon lange nicht mehr als Allgemeingut. Dementsprechend gering fallen das Allgemeininteresse an Bodenzustandsfragen und das politische Interesse an systematischen Veränderungen aus. Dabei gibt es mit Blick auf die Ressourcenwende viele gute Gründe, den Gemeingutgedanken insbesondere bezüglich des Bodens wieder aufleben zu lassen. Denn vom privaten Bodeneigentum führt ein direkter Weg zur Bodenspekulation und Privatisierung der Bodenrente sowie zur sogenannten „Gefangennahme“ des Staates zwecks Durchsetzung eigener privater Interessen wie z. B. eine Einflussnahme auf die räumliche Planung zwecks Baulandausweisung.

Reine Bodensteuer würde Flächenverbrauch reduzieren

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung geht für Deutschland von mindestens 165.000 ha Innenentwicklungspotenzial aus, das sind 20 m2 pro Einwohner. Baulücken unter 500 m2 Größe und viele Nachverdichtungspotenziale sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Ein großer Teil solcher Flächen, obwohl Baurecht besteht, wird jahre- oder gar jahrzehntelang von den Eigentümern ungenutzt liegen gelassen und dem Markt vorenthalten. Selbst in neu erschlossenen Baugebieten lässt sich dies immer wieder und vielerorts beobachten. Das hat zur Konsequenz, dass die Kommunen mehr Bauland ausweisen als eigentlich nötig. Nicht zuletzt deswegen ist der Flächenverbrauch in Deutschland mit rund 70 ha pro Tag viel zu hoch.

Ein in seiner Wirkung wohl unterschätztes Instrument zur Reduzierung des Flächenverbrauchs wäre die Umwandlung der Grundsteuer B in eine reine Bodensteuer. Mit einer Bodensteuer würde ein Teil der Bodenrente abgeschöpft und den Kommunen zugutekommen, deren Investitionen die Bodenwerte erst geschaffen haben. In der Folge würden teil- und unbebaute Grundstücke effizienter genutzt, Brachen und Leerstände schneller als bisher wieder in Nutzung gelangen, Baulücken geschlossen, kompaktere Baustrukturen realisiert, das Angebot an innerörtlichem Wohnraum erhöht, der Flächen- und Landschaftsverbrauch reduziert.

Mehrheit der Bundesländer will Gebäude-Neubewertung

Doch die Politik marschiert zurzeit in die gänzlich entgegengesetzte Richtung: Eine Mehrheit der Bundesländer beabsichtigt eine Neubewertung aller Gebäude zu Zwecken der Grundsteuer. Seit September 2016 verhandelt der Bundesrat eine entsprechende Gesetzesinitiative, einzig Bayern und Hamburg sind dagegen. Soweit bisher bekannt, ist unter anderem an eine satellitengestützte Ermittlung von Gebäudeflächen und -höhen in Kombination mit einer Steuererklärung des Grundstückseigentümers gedacht. Die eigentliche Bewertung soll im Finanzamt anhand von nach Gebäudeart und Baualtersklassen unterschiedenen, pauschal angenommenen Herstellungskosten erfolgen. Bauliche Investitionen wären zu Fortschreibungszwecken künftig meldepflichtig. Die bundesweite Gebäudebewertung würde die Finanzämter Jahre lang beschäftigen und hätte fatale Konsequenzen:

  • Jede effizientere Grundstücksausnutzung (z. B. Schließung einer Baulücke, Anbau, Aufstockung oder Dachgeschossausbau) würde künftig mit einer höheren Grundsteuer bestraft. Umgekehrt bliebe das Liegenlassen erschlossener, aber unbebauter und teilbebauter Grundstücke oder das Halten von Leerständen steuerlich attraktiv.
  • Neubauten würden gegenüber modernisierten Altbauten vergleichbarer Wertigkeit steuerlich deutlich schlechter gestellt. Darüber hinaus käme es zu einer generellen Umschichtung der Grundsteuerbelastung weg von Grundstücken in zentraler Lage hin zu solchen in Stadtrandlage und im ländlichen Raum. Der Vorschlag der Ländermehrheit dürfte damit gegen den Gleichheitssatz und das Prinzip der Leistungsfähigkeit verstoßen.
  • Die Mieten würden insgesamt steigen, weil Wohnraum in nennenswertem Umfang weiterhin dem Markt vorenthalten würde, zu wenig neuer Wohnraum erstellt würde und die höhere gebäudelastige Grundsteuer gänzlich auf die Miete umgelegt werden kann.

Mit einer Umwandlung der Grundsteuer in eine reine Bodensteuer haben sich die Bundesländer offensichtlich nicht näher befasst. Vielmehr bezeichnen sie ihren Ansatz als alternativlos. Dabei wäre eine reine Bodensteuer die richtige Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Sie wäre neutral gegenüber Ausmaß, Art und Alter einer Überbauung. Ungleichbehandlungen und damit verknüpfte verfassungsrechtliche Probleme wären von vornherein ausgeschlossen.

 


Onlinetipp

NABU, ZBF-UCB
Grundsteuer: Zeitgemäß!
Bundesweiter Aufruf
www.grundsteuerreform.net

 

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